Betonlandschaften Mülheim Südstraße oder wie man echte Kerle kennenlernen kann und letztlich Helden trifft

Es gibt ein paar Sportarten, die so komplexe Zusammenhänge der eigenen körperlichen Geschicklichkeit benötigen, dass eine Vielzahl an koordinativen und mentalen Fähigkeiten im Gehirn abgerufen werden müssen. DUnd leider auch einige Menschen, die sich nach einem Sturz vom Skateboard, spontan davon abwenden und nie wieder auf ein Deck steigen. Manche Leute tickten da einfach anders.

Es sollte die Hartnäckigkeit in euch sein, eine Macht, die größer ist als die Angst in euch. Es benötigt nur einen Funken Ehrgeiz, der Euch dann hart bei den Eiern packt. Das ist der Lauf der Dinge und wenn ihr denkst, dass es ausreicht, nur gut zu sein, dann seid ihr noch nicht einmal nah dran. Denn das, was Euch zu einem authentischen Skater oder originalen Surfer macht, ist viel komplexer als das, was die normalen Jungs mit ihren Brettern machen können. Das scheint allerdings seit Millionen von Jahren so zu laufen. Wobei ich, „Ein für Allemal“, mit dem „nur die harten kommen in den Garten“, aufräumen möchte. Alle Menschen können hingehen, um es zu versuchen. Jeder kann auf das Brett, das die Welt bedeutet. Zack bist Du ein Teil des Ganzen, ohne etwas geleistet zu haben. Anwesenheit, Prägnanz und der Skatepark ist ein öffentlicher Spielplatz für jedermann/frau.

Es hat etwas mit unserem Belohnungssystem in unserem Gehirn zu tun, das immer dann Glückshormone in unsere Körper ausschüttet, wenn etwas magisches passiert.

Mir wiederfuhr Erfolg. Denn in mir entstand jedes Mal ein überirdisches Gefühl der Klarheit. Etwas, dass mich ganz in meinem Inneren auf mich selbst fokussieren ließ. Eine Dichtheit erfuhr Kompression. Eine hermetische Garage. Jedes Mal entstand eine transzendente Klarheit der Dinge. Ein Gefühl, was jede Faser meiner Fantasie konzentriert bei der Sache zu sein, noch verstärkte. Ein Impuls, der über meine Füße und den Schwung aus meiner Hüfte in Bewegungen übertrug. Letztlich einen Impuls oder eine Vorwärtsbewegung entstehen ließ. Meistens fabrizierte ich diese physikalisch unmöglichen Tricks, die in meinem Kopf eine Supernova jener Glückseligkeit implodieren ließen. Diese Momente machten mich für einen kurzen Moment zum Superhelden. Ein Zuwachs an Größenwahn der Waghalsigkeit oder den Kick, den ich benötigte, um eine Grenze beherzt überschreiten zu können. Erst wurde ich süchtig und nach einiger Zeit konnte ich es nicht mehr sein lassen, ich wurde abhängig von diesem kleinen Brett, das mir den Wind ins Haar wehte und einen Vorgeschmack auf die große Freiheit geben sollte, die ich in meinem Leben noch erfahren sollte. Es gibt nur wenige Kicks im Leben, die so ähnlich sind. Ein guter Fick vielleicht. Eine obsessive Party mit Alkohol, Freunden und ein paar Mädchen über Tage in den Jahren der Jugend. Eine Horde wildgewordener aufgebrachter hysterischer Kühe mit einer Verfolgungsjagd über eine Weide mit einem Sprung durch den Stacheldraht. Oder ein Sprung von einer Industriebrücke ins kalte Wasser eines Be- und Endladehafenbeckens bei Krupp Stahlhausen in das Schwermetall belastete schäumende Wasser des Rheins und dem Wachschutz mit ihren Polizeibooten im Nacken. Kurz nachdem Du unter die Oberfläche abgetaucht bist und ein minutenlanger Augenblick entsteht. Wie lange brauchst Du, um aufzutauchen, weil du tief abgetaucht bist. Oben angekommen brüllt dich ein Mann von der Wasserschutzpolizei mit einem Megafon an, weil er dich unbedingt verhaften will. Er aber nicht zu nah an dich ran darf mit seinem Boot, weil er dich sonst platt macht, in Gefahr bringt oder dich töten würde. Und du für dich in deiner schnellen Mark Spitz Amerikaflaggen Schwimmhose beschließt, lieber einen geschmeidigen Abgang über die Metallstiegen am Hafenbeckenrand zu machen. Das uralte Lied der Neandertaler im Kopf. Flucht. Hinter euch verhallt das Gebrüll des Schutzmanns, weil eure rasanten sieben Meilenstiefel mit Namen Trim Trab dich überall hintragen. Dein Brett immer unterm Arm und natürlich deine Klamotten, die du im wilden Crossrun versuchst anzuziehen.
Alles Helden, die ich im Park bisher getroffen habe, dachte ich und grinste in mich hinein. Selbst meine Jungs bemerkten meine gute Laune. Orange Verstärker geschwängertes „Iron Man“ krachte eisern, durch den Wagen als ich mich in den Ferien mit meinen Jungs auf den Straßen der Republik wiederfand. Immer bereit einen anderen Park ausfindig zu machen, die nicht unweit zwischen den Straßen lagen, wo die Sonne nie aufgeht, vorbei an den gigantischen Häuserschluchten nahe den angrenzenden Volk Parks mit ihren kleinbürgerlichen Spielplätzen gleichgeschalteter Fantasie des Systems der Gesellschaft mit ihren nervigen Kindern, inmitten einer bedrohlichen Idylle. Kinder, die immer noch stumpfer werden als ihre Eltern. Vorbeirauschend gesehen, waren Sie für mich Schatten, die im Rückspiegel erloschen.

Ich bin erschöpft, halb nach Luft ringend, kam ich gerade aus der Sonne und setze mich auf das Gitter einer aus dem Boden gestampften zinkfarbenen Metallbank in den Schatten.

Umgeben von Plastikmüll und entleerten Verpackungen die, die Mütter der Kids nicht wegräumten. Als sich links von mir ein junger Mann Mitte zwanzig mit seinem zu klump gefahrenen BMX setzte, das er vor sich auf den Kopf stellte. Kleine zusammengekniffene schlaue Augen funkelten mich im kühlen Schatten an. Kleinen Lachfalten um seine Augen grinsten und bestätigen mir nur, dass er es drauf hat. Seine bis zur Unkenntlichkeit umgeknickt verrenkenden Speichen wanden sich um die restlich verbliebenen Speichen seines schrottreifen BMX. Plattgedrückt malträtiert verrostete Pegs machten einen Nusseinsatz mit einer Verlängerung unmöglich, Rost und große Schürfstellen an seinem Fahrradrahmen lassen sein BMX stark mitgenommen und klumpig brachial aussehen. Auf der Seite seines Beines prangte das Tattoo 4130 oberhalb des Knöchels. Er feilt mit einer Flachfeile im Peg, weil er die Nuss sonst nicht einsetzen kann, um seine hintere Felge abzunehmen. Befreit er seinen CroMo Rahmen von allem und zerlegt ihn soweit von allem was er trug. Er will Speichen einsetzen und wir kommen ins Gespräch. Er erzählte von den Tagen des Entstehens des Skateparks in Mülheim. Betonkultur von feinster Betonlandschaft, Antimitspracherecht hatte die Stadt viel Geld in die Hand nehmen lassen, um diejenigen mit der größten Klappe an den Rand der Stadt in einen Skatepark zu verbannen, so kam es ihm vor, werde ich mit Insiderwissen, was ich nur am Rande geschmacklich heraus differenziere, gefüttert.

Industriemechaniker, wie ich, ich Betriebsschlosser, damals vor seiner Zeit, als er noch ein Quantum Energie im Universum war. Bei mir kam die Frage im Arbeitsamt in Stahlhausen von der dort ansässigen Arbeitsberaterin, wo ich denn wohne, Stahlhausen?, ja anwortete Sie, dann werden sie Schlosser. Da waren meine Tage gezählt, vorbei, ich konnte mich zum Sterben in den Flur hängen oder ich machte etwas anderes aus meinem Leben, dann aber ganz alleine. Ich wäre beinahe so geworden wie all die anderen stumpfen Heimlichsäufer, die mit ihrem Leben nicht klar kommen und sich nicht trauen, mal was anderes außerhalb ihrer Stadt zu bauen. Mallocher, geborener Kruppianer oder eine Alternative. Mir wurde das eingebläut und von Oma immer schon prophezeit, was ich werde. Ein ganzer Mann. Ein echter Kerl. Authentisch. Erziehung auf der Ebene von Abhärtung. Ihre schwarzen nationalsozialistischen Gedanken, ihre Worte waren Gesetz und wurden nur mit schwarzer Pädagogik beantwortet, wenn ich nicht rund lief. Zuckerbrot und Peitsche. Dies ließ mich mit den harten Jungs in Stahlhausen zusammenkommen. Sweet, Slade oder Gary Glitter. ACDC oder Kiss. Das waren die entscheidenden Fragen, die darüber entschieden, ob du dabei sein durftest oder nicht. Entweder du hattest diesen harten verschlagenen Stil oder eben nicht. Du bekamst schnell auf die Fresse, wenn du falsch oder verlogen warst. Die Jungs machten keine Gefangenen und alle hielten mich für einen verrückt harten Hund. Einen Punk. Ein Freak. Das Leben hatte uns sowieso ins Gesicht gespuckt, weil jeder der Erwachsenen uns schlagen durfte und wir der Überzeugung waren, wir schlagen einfach zurück. Jeder auf seine Art, ich auf meine. Das ist aber eine andere Geschichte. Ich schweife ab.

Ein geleaster schwarzer Kombi mit den vier Ringen in seinem Besitz, stellte ich fest. Sponsorenvertrag von einer Fahrradschrauberwerkstatt aus Viersen. Er musste hart Arbeiten für seinen Spaß. Nicht so, wie die Jungs reicher Eltern, die er kennt, lamentierte er. Zweihundert Euro Taschengeld, und so. Für Kost und Loggi sowie für die tollen Logo T-shirts ist gesorgt, beklagte er. Dass er sich alles selbst verdienen muss. Lalala. Ich bin damals mit meinem Zündapp Roller und einem Koffer zu meiner Freundin gezogen, dachte ich. Kamen noch andere Fahrer hinzu, die respektvoll als „ziemlich Fähig aber verzogen von ihren Eltern“ bezeichnet wurden. Diskussionen untereinander, eher schlaue Gespräche mit viel Sarkasmus, gewürzt mit Ironie. Sich auf den Arm nehmen. Flachsen. Kumpels, Freunde, Blutsverwandte im Geiste des Sports. In dem Fall kognitive Überflieger im Männerstil, die sich als Stricher bezeichnen, um ihre Rangfolge zu bestimmen. Rauchen sie als Understatement selbstgedrehte Stumpen aus Naturtabak. Aber mindestens ein halbes Dutzend Jungs mit Abi, schätzte ich. Mittlerer Bildungsabschluss minimum. Hier wird auf Abstand gedisst. Alte Klassengesellschaft. Arbeiter-, Mittelschicht und Überfliegerklasse, nach dem Motto Papa bezahlt für den Scherbenhaufen. Aber hier an Ort und Stelle bestimmen immer die Leader der Gruppe, was abgeht und wer die besten Tricks checken darf und wer nicht, bemerkte ich. Es ist wie immer. Dem Anführer ein selbsterschaffener Arbeiterklasse Junge mit Handwerkstalent steht den ebenbürtigen BMXern der Neureichenbande gegenüber. Subkultur. Ein selbstgemachter Mann. Die linke Hand des Bmx Dämon. Die rechte Hand Buddhas. Vielleicht aus demselben Holz geschnitzt, wie seine harten Vorfahren. Jetzt wird es interessant, fühle ich einen Anflug von Spannung. Ein Tausendsasser eloquent von der Art Brett Pit in Fight Club. Ruppiges Auftreten als Herausforderung, damit man seine Oberklasseherkunft nicht erkennt, raues Timbre in der Stimme, will er bei mir auf den Busch klopfen, um zu sehen, was bei mir heraus springt. Schicker Urlaub, tolles Leben Typ. Ob ich lenkbare Vehikel vorziehen würde, so wie er. Alles was ein Lenker hat, hatte bei mir immer einen Sackabklatscher zur Folge, erwiderte ich. Ich zerschelle gerne am Grund des untiefen Betonpools. Kicherbesinnung mit anschließend verständnisvollem Schweigen, hab ich ihn verwirrt, Minuten lang. Ob er mein Skateboard fahren darf, fragt er. Das ist kein Skateboard, antworte ich frech. Das sieht aber aus wie ein Skateboard, schnappt er nach. Das sind spezielle Achsen von Neill Carver, die Eierlegendewollmilchsau, ein Hybrid der besonderen Art, die Achsen, die so schnell vorne einlenken, dass sie dich vom Deck boxen können, kontere ich schnell, um schlimmeres zu vermeiden. Damit sind 90 Grad Standup- Stops oder Slides möglich. Zweirollen Slides auf dem Wellenberg sind keine Seltenheit. Ich weiß nicht, ob er mich verstanden hat. Ungläubig und verdutzt steigt er lässig von seinem blitzblanken BMX. Entschlossenheit und stolz in seiner Pose steuert er erhobenen Hauptes mit zurückgezogenen Schultern leicht Aggro auf mich zu. Und alles nur, um der King zu sein, denke ich. Dem Boss seinen Thron streitig zu machen, riskiert der Handlanger des Chefs sein Gesicht zu verlieren. Er will doch nur spielen, denke ich. Oder ist er der Chef? Typ gut muskulös konditionierter Sonnyboy. Extrem geschmeidig. Lässiger Gang. Wie oben schon erwähnt eine Mischung aus lässigem Pit Brett und gleichzeitig kleiner Kraftmeier Namens Schwarzenegger. Wortgewand wie kein Zweiter. Beansprucht er die größte Höhe auf der Leiter des Ruhms im Skate Park. Sehe ich in einer Mikrobewegung Grübchen an seinen Mundwinkeln im Schatten der Bäume aufblitzen. Ich füge noch hinzu mit dem Hinweis, des krassen Einlenkens der Achse und sage, dass es wie surfen und skaten zugleich ist. Herausforderung erkenne ich in seinem Blick. Neugierde in seiner aggressiven Haltung. Aber auch Stolz und Ahnungslosigkeit, gepaart mit der Möglichkeit zu scheitern.

Ich sehe ein, „was erzählt der „Alte“ denn da? Der spinnt wohl.“

Höre ich ihn leicht bedrohlich flüsternd antworten, ich hab vor ein paar Jahren Surfen gelernt und skaten konnte ich auch, bevor ich mich zum BMXen entschloss. Demütig vor so viel Testosteron und Risikobereitschaft überreiche ich ihm ehrfürchtig, wie ein chinesischer Mönch meine willfährige Courtney. Und sage pass gut auf Sie auf, Sie ist manchmal ein bisschen zickig beim Pushen. Aber ich hab Bretter, da ist es noch schlimmer. Bei meinen YOW Decks zum Beispiel. Pass gut auf, dass sie dich nicht weg boxt, gebe ich ihm mit auf den Weg seiner eigenen Erfahrung. Vertrau auf dein Gefühl, denke ich. Es wird wohl eine Lektion in Demut. So ganz ohne Helm. Ich verspüre den Drang, mich abzuwenden und mir eine Zigarre anzuzünden. Will sein Scheitern verdrängen. Nicht mit ansehen. Und sehe, wie er sich in die geschmeidigen Dao Bewegungen eines gelben chinesischen Drachens, der wendig am Himmel seine Salto mortale schlägt, davonrauscht. SO , wie Taron die wildeste Achterbahnfahrt im Phantasialand. Sich zwischen Funbox und Vulkan halsbrecherisch auf meiner Courtney vergnügt. So sieht das aus. Vielleicht ist sie ja doch eine starke Frau, geschaffen sich auch mit anderen Kerlen zu vergnügen, denke ich. Aber das hier ging eindeutig zu weit. Die Frage lautete in diesem Moment wohl eher, ob ich es zulassen kann, dass sie von diesem Mann getanzt werden darf. Ich war eifersüchtig. Breites Grinsen, lautes Lachen, freudiges Janken aber auch schweres Stöhnen und hartes nach Luft schnappen sind über den ganzen Platz fühlbar. Alle gucken. Die Bewegungen der anderen halten in der Matrix an und bewegen sich in Zeitlupe weiter. Meine Sinne zoomen sich auf den Jungen ein. Nur das er dabei drachenartig seine langen Klauen durch die Luft schneidet, um physikalischen Ausgleich in seiner Koordination zu schaffen. Das Relativitätstheorem zeigt sich anhand dieses Phänomens sonderbar. Es bewegt sich alles, um diesen einen Fahrer. Begnadet, göttlich, vereinigt er sowohl sein Geschick, als auch sein Können. Mir ist als würden seine tiefen Pumps und Wellen checkups in vollendeter Harmonie mit der uns umgebenen Natur, der Gewächse und der Elemente verschmelzen. Nur um mich zum Narren halten. Als wäre das Universum so gemein, nur um in diesem einen Moment Ausdruck zu verleihen.

Eine Prüfung.

Als sei er hierhergekommen, um mich Ad Absurdum zu führen, nur um mir zu zeigen, wie einfach es ist, Spaß zu haben. Den Beton unter sich zu zerfurchen, sich auf den Wellenkamm der Quaterpipe balancierend den Gesetzen der Natur zur Wehr setzen zu können und dem zu trotzen, was ich mir sonst mühsam erarbeite. So sind es doch die Bäume, die dem Park Schatten spenden. Dort wo wir auf unseren Sperrsitzen platz genommen haben und die unerbittliche Sonne, die wie Fresnelscheinwerfer in einem Theater von vorne tausende von Watt Lava auf die Bühne ergießen. Der verehrte Zuschauer soll jedes Quantum lüstern sehen dürfen und nachempfinden. Schaulustige an einem Unfallort. Katharsis an Spaß und Leid. Dort wo der Zuschauer an Sieg oder Niederlage teilhaben darf, weil es diese harten Kerle, wie ihn gibt, der es den Anderen aus der Hand nimmt, wie schön sie doch Scheitern können, weil sie geschaffen sind Schmerz anzunehmen. In ihrem eigenen halsbrecherischen Stil zum Ausdruck bringen, was in ihren mickrigen zehn Stunden Arbeitsleben falsch läuft. Allerdings immer wieder Wahrhaftigkeit herstellen, funkelnde Schönheit auf ihr Brett zu zaubern. Bling Bling auf höchstem Niveau. Einfach so. Aus dem Ärmel des ärmellosen Hemdes.

So ist es immer eine Mischung aus geballtem Wissen um ihre Fähigkeiten, gepaart mit einer entsprechenden wohldosierten Aggression und blendend heller Risikobereitschaft, die den Champion in den Olymp steigen lassen. Gibt er mir lustlos meine Cortney mit den Worten zurück. Egal wie sehr ich einlenke, die Hinterachse hat immer noch genug Grip, sodas ich nicht sliden kann. Krass. Hat Spaß gemacht. Ich bin sprachlos. Der hat gerade im wahrsten Sinne des Wortes, die Sau auf meiner Courtney rausgelassen. Er hat Sie so hart gerockt, ich würde gebangt dazu sagen, dass mir vom Zusehen schwindlig wurde und der Mund trocken blieb. Jeder im Park hat ihm verdammt nochmal dabei zugesehen. Ich hoffe, dass es auch jeder erkannt hat, dass es sich um diese abgefahrene nach postmodernen Erfindung, des ich hab noch mehr Spaß, als auf einem Skateboard Carving und skatesurf Decks handelt. Ich kann Achterbahn fahren. Und ihm hat es nur Spaß gemacht. Nett ist die kleine Schwester von Scheiße.

Das ist wie eine mittelschwere Ohrlasche, die er auf meiner Wange landet. Ein Fehdehandschuh vor versammelter Mannschaft.

Ich merke, wie sich meine ganze Wahrnehmung auf ihn einzoomt. Ich fühle mich betrogen und ausgenutzt zugleich. Missbraucht und eifersüchtig lief plötzlich alles in Zeitlupe ab. Er sitzt auf seinem Bike, was er mit einem mit Leichtigkeit ausgeführten Hüftschwung unter seinen Arsch gezwungen hat. Ich drehe gerade innerlich unheimlich am Rad. Was ist zu tun, drängt es in mir. Ein Kampf dauert vier Sekunden, gewöhnlich gewinne ich, entflammt es wie brodelnde Lava aus der Erdkruste in mir und wird sofort vom kalten Meerwasser erloschen. Es zischt und dampft in mir. Ich mache wie gewohnt meine Atemtechnik. Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig. Doch dann sehe ich ganz genau hin und sein verschlagener Blick sowie sein riesiges Bruce Willis Grinsen in seiner Mikromimik huscht über seine Grübchen an den Mundwinkeln. Ich bin überrascht. Es hat ihm exorbitant gefallen, bemerke ich. Er kann es aber vor seiner BMX Gang nicht zugeben, wird mir klar. Er will sich nicht zum Gespött für die nächsten Treffen machen, denke ich. Lalala. Nur er und ich haben auf dieser Ebene miteinander kommuniziert, meine ich. Hat er sich gerade auf seine Art bei mir bedankt? Oder was war das? Sah ich da noch ein Zwinkern, als er sich umdreht? Er will nur spielen. Verdammt war das gut. Seht ihr das nicht? Sonst keiner von den Anderen checkt, was. Nur wir? Wir verstehen uns. Ach, Quatsch das bilde ich mir nur ein. Selektive Wahrnehmung. Heisenbergsche Unschärfe- Relation. Oder? Der Leader dreht sich auf seinem BMX zu mir um und grinst, bevor er zum nächsten Trick ansetzt.

Wart ihr schon mal im Ruhrpott und habt euch verfahren?

Nein? Kein Ziel vor Augen? Immer der Nase nach. Straßennamen, die ihr noch nie gehört habt. Harte Jungs im Schatten von dicken Bäumen kopfüber meterhoch an der hohen Mauer. Auf Trebe mit Kindern ohne Zukunft, die man auf dem Weg trifft. Kleine Mädchen, denen alles egal ist, außer ihre Ehre. Die Lust am Rausch des Erfolgs haben. Die sich instinktiv nach den echten Kerlen umsehen und sich für den netten Typen entscheiden? Die Girls, die, die coolen Jungs anhimmeln. Die Jungs, die nur um sich zu beruhigen kiffen. Die Boys, die lieber Street und Park fahren, als sich knutschend mit ihnen im Dreck des Bodens wälzend zu vergnügen. Gibt es ein Leben nach dem skaten? Dann solltet ihr euch mal mit euren Ärschen von der Couch erheben und raus in die Städte fahren, die ihr nur vom Namen her kennt. Vergesst eure Spielzeuge nicht. Egal welcher Art ihr euch gerade verlustiert. Fahrt ihr dorthin, wo ihr noch nie wart. Skaten, surfen, Longen, bmxen, rollern, egal. Und wenn ihr nur Parcours lauft. Ihr Couch- Chiller und Kartoffelchips- Krümler. Sucht das Weite, jetzt. Nicht nur einmal im Monat, sondern einmal die Woche. Am besten jeden Tag. Da draußen, wenn es nicht regnet, fahrt ihr bis ans Ende der Ferne. Bewegt euch in Städte mit knackigen Namen, wie Duisburg, Düsseldorf, Oberhausen, Mülheim, Essen, Köln, Bochum und Dortmund. Aber auch die idyllischen Orte, wie Billerbeck oder Velbert nicht vergessen. Denn dort gibt es die wohl ehrlichsten Undergroundszenen in ganz Deutschland. Allesamt freundschaftlich auf der Ebene der allumarmenden Mutter der Hassliebe miteinander verbunden. Ja, ihr habt richtig gehört. Zu Fleisch gewordene Alpträume der Aktion alla Jackie Chan, springen, fahren, tricksen. Muskulöse Jugendliche zeigen in Parks ihre halsbrecherischen Eskapaden, die nicht wenige Zerwürfnise zur Folge haben. Immer mit sich selbst oder den anderen die einen behindern im Klinsch. Vollgeschwitzte bunte Boxershorts zeigen sich bei vollster Kontraktion der Arschbackenmuskeln knapp über dem Bund ihrer Hose dicht über dem Sattel ihres BMX. Aalglatte Adonisse mit hinterlistigem Blick und Sixpack Fitschen mit ihren symmetrischen Doublekick Decks schwerelos an den Wänden eines Pools, immer knapp an der Kooping entlang. Immer kurz vorm raus schreddern. Berge schlanker Körper, mit exotischen Spitznamen, wie Crash, Shred, Bones oder Gang Bang immer im Begriff das letzte aus ihren unverwundbaren Körpern herauszuholen, spielen sie Schnick- Schnack- Schnuck mit ihren schick abgewichsten Decks. Immer bevor sie einen verschlissenen Turnschuh auf ihre Decks setzen oder sind auf der Suche nach Tricks, die die anderen nicht beherrschen. Dann blitzen Symbole eines V, Handgranaten oder Ritterkreuze auf den zerfleischten Achsen auf. Was in ihnen steckt, zeigen sie mit voller Stolz erhobenem Haupt, genau das, was sie sich jahrelang erarbeitet haben. Sie riskieren immer alles, was sie haben, für ein kleines bisschen Ruhm. Für sich selbst, für ihren Stil. Ein Trick, der Ihnen nicht gelingen will. Ein Kniff, der tausendmal klappte und jetzt verreckt. Verkacken sie immer kurz vor dem Abdrehen. Genau in diesem Moment wird ihre Toleranz am Grad zwischen Zerstörung oder Offenbarung immer wieder geduldig auf die Probe gestellt. Und ihr als Publikum könnt daran teilhaben, anstatt euch auf den bekannten Seiten des Internets gelangweilt kleine Filmchen anzugucken. Könnt ihr hier selbst die Hauptdarsteller sein und gleichzeitig Reggie führen, ihr. Manchmal gelingen die einfachsten Tricks nicht, weil zwischen Genie und Wahnsinn keine Gefangenen gemacht werden können. Entweder es klappt oder es klappt nicht. So spielen sich vor meinen Augen die ergreifendsten Dramen menschlicher Existenz ab. Dabei zerschellt schon mal ein Deck auf dem Boden oder wird in einem Gewaltausbruch in voller Brutalität zu Klump getreten und anschließend verkloppt, weil die Decks nicht zu Asche zerfallen, steigert sich die Wut. „Very Bad Vibrations all around“, wie die Hip Hop Stars die in ihren Raps, wie Hohn als Hintergrundmusik intonieren. Sie sprechen Dich mit deinem Scheitern an und das du verdammt noch mal nicht aufgeben darfst, weil das einzige, was du noch nicht verloren hast, deine Würde ist. Weil du trotz aller Hindernisse weitermachst. Und Du mit deiner Wahl für die letzten Zwanzig Euro entweder die Rollen, das T-Shirt oder dich bei deinem Dealer mit Hasch eindecken kannst. Damit du dort im Tausch bei deinen Freunden Hasch gegen etwas anderes eintauschen kannst. Wofür entscheidest du dich. Wenn dich Grass besser durch brotlose Zeiten bringt? Weil du erst dann, gern gesehener Gast bei guten Freunden bist. Ein gern gesehener Gast mit den Ansprüchen menschlicher Bedürfnisse. Essen, trinken und schlafen. Aber das macht es ja gerade erst aus, dass Du es immer wieder bis hier her geschafft hast. Homeboy. Das du auch dafür geschaffen wurdest, als Held die Fähigkeit ausgebildet hast, aus der Asche aufsteigen zu können, wie ein schöner feuerdurchfluteter Phönix aus der Asche. Dich deine Schwingen Himmelwerts heben und Du mit deinem Spielzeug kleine Momente des Glücks für dein Ego erschaffen kannst, in deiner Welt, in der das Scheitern in der normalen Gesellschaft für Dich vorprogrammiert ist. Sind es diese kleinen Momente der Ekstase, die dich über Wasser halten. Ein gut gemacht. Klatschen zustimmen Applaudieren. Aber du weißt das im Park nur aggressives Fordern und hartes Durchsetzten eingehalten werden muss. Das böse D- Wort. Disziplin. Begleitet von Muskeln die ganz offensichtlich schwer weinen. Dann liegt Testosteron mit brachialer Frustration in der Luft. Sonne spiegelt sich von der weißen Betonfläche, wie ein Spiegeltrichter unter deinem Wohlstandsdoppelkinn im Liegestuhl im eigenen Garten. Du hast die Wahl. Geruchsmäßig gibt es in den Parks kein Halten mehr. Wenn du Pech hast, sitzt du auf deiner Bank inmitten einer Müllhalde. An der Stelle muss ich es einfach mal sagen, Jungs eure Mama kommt hier nicht hin, um für euch aufzuräumen. Das müsst ihr schon selber tun. Aber die wenigsten Jungs blicken gehässig, bei den meisten erkennt man an ihren Augen natürliche Ästhetik, die ihr in dieser Form noch nie gesehen habt. Würdevolles Verständnis, denn keiner hier würde aufgeben. Niemals. Und jeder weiß, was er riskiert. Irgendwann mal Haus und Garten. Vielleicht Familie. Nie sage ich und ich meine niemals würden sie jetzt in den Sack hauen. Aber ich sag es nochmal, auch wenn ihr mir nicht zuhören wollt. Die meisten Tricks würden zu siebzig Prozent besser gelingen, wenn die Jungs größere Rollen hätten, denn dann kann man schneller fahren. Große Rollen schneller fahren. Einfach oder? Klar dass eure kleinen Tricks besser mit den eingefahrenen Rollen funktionieren. Geht hin und kauft ihnen welche. Da müssten Firmen hinfahren, um ihnen günstige Rollen zu verkaufen. Schenkt sie ihnen. Ein Millionengeschäft, an dem man sofort den Beweis anpushen kann. Immer dran denken, höher, schneller, weiter, also bedeutet schneller fahren auch Erfolg. Aber sie fahren ihre mickrigen Rollen runter bis auf den Kern. So wird das nix. Shredkrepierer, Funboxstolperer und Railverkacker sind sie allesamt Meister ihres Fachs. Geht hin und seht es euch an. Kommet und vermehret eure Tricks. Nehmt eure Kameras mit. Am Ende ist immer der letzte Trick gestanden und ganz selten ein First Shot. Haltet es fest. Wiederholt es, so oft ihr könnt und ihr werdet es in der Realität erkennen. Denn auf den Bildern in den Parks vor eurer Tür spielen sich kleine Theaterstücke großer Existenz ab. Aber ihr seid zu abgestumpft, um euch auf den Weg zu machen. Eure Strukturen haben euch gefressen. Seid ihr auch nur Abbilder von jedem von uns in einer Gesellschaft, die sich politisch verändert. Eine ganze Jugendkultur übt fleißig ihre Tricks, anstatt stumpf ihre Hausaufgaben zu machen. Jeder lernt hier seine Lektion fürs Leben. Hier findet echte Entwicklungspädagogik statt. Charakterbildung. Komponiert aus Klagen, Leid und Entbehrungen entsteht Großes. Läuterung. Demut. Lernen durch Schmerz. Ein Umgang Sieg oder Niederlage. Kleine und große Soldaten. Erreichte Ziele oder geplatzte Träume, ein Irrweg oder eine Abfahrt ins gelobte Land, wo Milch und Honig fließt. Grauzonen dazwischen liegen Welten, die sie von einem echten Pro unterscheiden. Business is a business. Jeder nimmt jeden Tag den Kampf auf, für sich selbst und die kleinen Dinge im Leben bleiben dabei auf der Strecke, über die man sich freuen könnte, wenn sie gelingen. So sind sie alle auf Gedeih oder Verderb dem großen Kommerz ausgeliefert. Es sind die kleinen Dinge, die hier so schmerzlich bluten. Dinge, die man mit Geld nicht kaufen kann. Aber diese Jungs, seltener Mädchen, haben etwas gemein mit jedem von uns. Ihr glaubt mir nicht? Dann geht hin und überzeugt euch. Es gibt sie da draußen, unzählige verletzte Jugendliche mit ihren geplatzten Träumen und kaputten Leben in der echten Gesellschaft, diejenigen, von denen ihr nichts wissen wolltet. Die, die so schwierig sind, unbequeme Fragen stellen, auf die ihr keine Antworten wist. Wo jeder von uns wegkucken will aber viel zu fasziniert ist, vom Glanz ihrer beseelten Tapferkeit. Mit ihren schlechten Noten in der Schule, groben Manieren, ihrer großen Fresse, die, die immer einen tiefen Fall nach sich ziehen und damit Pathos zum Überleben brauchen und den letzten Funken Würde an Herrschaftslosigkeit in sich tragen, weil ihnen nichts geblieben ist, weil sie die schmutzige Decke des Drecks am Boden schon kennen. Deshalb können Sie ein Spielzeug mit ihren geschickten Fähigkeiten kontrollieren, mit ihren Füßen beherrschen, an dem sie sich im Geringsten abreagieren können oder im nächsten Augenblick an die Himmelspforte klopfen. Die mit ihren Füßen in ihren edlen Turnschuhen auf dem heißen Asphalt pushen, sind eher die Seltenheit. Die, die keinen Stil haben, gehören nicht dazu. Du hast keine Street credibility, dann hau ab. Mit solchen Jungs ist man gelangweilt, sich zu messen. Das sind nicht die Jungs, von denen ich spreche. Jener Art von Kindern die verbissen nach einem Ausweg suchen und die Straßen mit Hip Hop Klängen erfüllen, weil die Köpfe der anderen so leer oder angefüllt mit falschen Werten, Doppelmoral und kaltherzigem Fachwissen ist, gegen die sie sich nicht wehren können, so sind ihre Boxen immer angefüllt mit fetten Bässen oder schnellen Gitarren der Gott barmherzigen Kirche des Hardcorepunk, Heavy und Trash Metalls. Sie dröhnen den Frust zur Seite und nehmen den Druck für kurze Zeit, plätschert es wie Wasser aus einer Regentonne bei Scheißwetter. Dann klappt es auch wieder in der Schule. Für gewisse Zeit. Diejenigen, die nicht zu Hause sein wollen, weil zu Hause Tristes und gnadenloser strukturierter Alltag ist. Der schon so manchen von Uns gefangen hält und in die Knie gezwungen hat. Bedeutet Hirnloses, langweiliges brutales Dahinwegetieren, mit Erwachsenen, die ihre Kindheit und damit ihr Glück verloren glauben, weil sie drei oder vier Jobs gleichzeitig in der großen Tretmühle der Sklavenhaltergesellschaft erledigen müssen. Es gibt keine Erlebnis App für das, was ich gerne mache. Selbst mit VR 3D ist das noch nicht mal annähernd dasselbe. Bei euch direkt vor eurer Haustür spielen sich die Szenen ab. Street fahren. Um die Ecke, da wo im Winter kleine Feuer in Stahltonnen entzündet werden, auf den Hinterhöfen von Nordrhein und Westfalen. Wo der Verfassungsschutz direkt am Fenster hängt und dich an die Nachbarn verpfeift, wenn du wieder mal etwas geshreded hast. Einen Trick stehst. Immer dann tauchen sie auf. Ihr erkennt sie, alte Männer, Omas oder arbeitslose Alkis mit einem Kissen unter den Armen auf der Fensterbank und neuerdings immer wieder sich wichtig fühlende Eltern mit ihren überforderten Kleinkinder, die sie hinter sich herziehen, dann passt gut auf. Es ist manchmal auch die ein oder andere überforderte Frau/Mann Marke Angry People, ihr wisst, was ich meine. Sie wissen alles über euch. Sie sind wie Erzieherinnen im Kindergarten immer gut über alles informiert. Bis ins kleinste Detail. Passt auf euch auf. Lasst euch nicht lang machen. Ignoriert Sie, geht ihnen aus dem Weg, beachtet sie nicht, tarnt euch, fühlt euch frei mit euren Freunden immer die Straße entlang. Eine Cap auf oder Sonnenbrille oder Beides. Skate and Escape. Seid eins mit euren Decks. Gleitet dahin. Lasst los. Mach euch frei, fühlt euch, wie ein Tag am Meer.

Autor: Marc Kerwien

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