Als Skateboarden das erste Mal im TV erschien…

… waren die meisten von uns noch nicht geboren.

Im Sommer 1964 sorgte das Skateboarden erstmals im nationalen Fernsehen für Aufsehen – wenn auch nicht so, wie es die Branche gern gesehen hätte. Protagonist war der erst 16-jährige Corky Carroll, der in den Folgejahren mehrfacher US-amerikanischer Meister im Wellenreiten werden sollte. Mit seiner Erlaubnis haben wir die damaligen Geschehnisse hier ins Deutsche übersetzt. Leider gibt davon keine Bilder mehr.

Bruce Brown hatte just seinen epischen Surffilm „The Endless Summer“ abgedreht, und die große Promotiontour für diesen Film stand an.

Corky sollte Teil der Tour werden und wurde eingeladen, das Team auf der mehrmonatigen Reise zu begleiten. In elf großen Städten sollte der Surffilm gezeigt werden. Ein Hobie Skateboard mit den neuartigen Claywheels gab es für Corky obendrauf, um für Hobie Skateboards auf der Tour zu werben und die Vorteile des neuen laminierten Boards zu präsentieren.

Für ihn war es die beste Zeit seines Lebens, wie er selbst sagt. Denn die Surf- und Skatevorführungen vor mehr als 10.000 Zuschauern machten ihn zu einer Art Rockstar, dem die Herzen der Mädchen zuflogen.

So viel Spaß wie auf der Tour, so Corky, hatte er in seiner Heimat nie gehabt. Er war zwar ein im Jugendbereich erfolgreicher Surfer, aber noch recht unbekannt. Nur ein paar Jahre später schickte er sich an, die US-Surfszene zu beherrschen, aber auf der Tour konnte er davon natürlich noch nichts ahnen. Somit fühlte er sich auf der Tour bereits wie die surfende Variante von Paul McCartney – mit allen Vorzügen, die damit einhergingen. Während der Rest des Teams um Hobie Alter und Bruce Brown die Veranstaltungen eher vom professionellen Standpunkt aus betrachtete, lag für einen Teenager in diesem Alter der Schwerpunkt natürlich ganz woanders.

Auf der Tour kam das Team auch in New York City an und wurde dort zur sehr populären Fernsehsendung „The Tonight Show“ mit dem legendären Johnny Carson (1925-2005) eingeladen.

Und da Corky immerhin amtierender US-Junior-Champ-ion im Surfen war, fiel die Wahl auf ihn. Er sollte den neuartigen Sport des Skateboardens in der Show präsentieren und ein paar Tricks zeigen. So wurden die Gänge und Hallen des NBC für einen Tag zu Corkys Spielplatz, während die Offiziellen die Rahmenbedingungen aushandelten.

Hobie Alter, der mit auf Tour war und dessen Boards im Fernsehen präsentiert werden sollten, entschied, dass sich Corky auch standesgemäß zu kleiden habe. Es waren schließlich die 60er, und selbst Rockstars wie die Beatles waren immer im Anzug zu sehen, wie ihn schließlich auch Corky trug. Zudem erhielt er ein Paar feinste Lederschuhe – für das Skaten waren diese natürlich gänzlich ungeeignet.

Im feinen Zwirn in den Studios angekommen, wurde Corky aufgefordert, eine kleine Demonstration seines Könnens auf der Bühne zu zeigen:

Ein, zwei Tricks, um den Zuschauern anzudeuten, welche großartige Show später auf sie warten würde.

Das war etwa 30 Minuten, bevor die Show begann. Das Publikum saß bereits, und Ed McMahon, der Co-Kommentator, heizte schon einmal der Menge ein, wie es auch heutzutage in Abendshows noch üblich ist.

Der Untergrund war ein typischer Hallenboden aus glänzendem Beton, der durchaus als Untergrund einer Eisshow durchgegangen wäre, weil er vor der Show nochmals mit Bohnerwachs behandelt worden war, um möglichst sauber zu wirken. Schon beim ersten Wendemanöver rutschte Corky vor dem ungläubig staunenden Publikum seitlich weg und verlor die Kontrolle über sein Skateboard.

Mit offenen Mündern beobachtete die TV-Crew und das versammelte Hobie-Team, wie das Skateboard mit drehenden Rollen im hohen Bogen in die dritte Sitzreihe schoss und dort einen Zuschauer unglücklich am Kopf traf, sodass dieser mit zwölf Stichen an der Stirn genäht werden musste.

Der Aufnahmeleiter bekam Panik und sah sich schon einer Klage des verletzten Zuschauers ausgesetzt. Der Produzent der Show sagte zunächst umgehend jegliche weitere Vorführung ab.

Nach einigen Diskussionen kam man zu dem fragwürdigen Entschluss, den Boden des Studios dick mit Harz einzureiben, um diesen weniger rutschig zu machen. Somit sollte wohl das eingesetzte Bohnerwachs neutralisiert werden. Im Anschluss durfte Corky – mittlerweile auch mit den Nerven am Ende – nochmals sein Glück versuchen. Obwohl er sich es vorgenommen hatte, verzichtete Moderator Johnny Carson wiederum darauf, sich auf das Teufelsgerät zu stellen. Geschockt von den Bildern des Mannes, der aus der Halle getragen werden musste, erschien ihm die Verletzungsgefahr wohl zu hoch.

Das Einreiben des Bodens war bestimmt eine gute Idee – wenn auch nur für die Sicherheit der Zuschauer. Für das Skateboarden war es natürlich keine so gute Lösung.

Corky fuhr dann mit seinem Hobie-Board auf den Clay-wheels noch ein paar Runden. Er tat das mit angezogener Handbremse – sprich: langsam und stockend – auf der klebrigen und pappigen Harzschicht, die nun den Boden bedeckte. Er beließ es dabei, ein, zwei Mal hin- und herzurollen und dabei möglichst vorsichtig zu wenden. Um es mit seinen Worten zu sagen:

Ich wollte niemanden umbringen.

Es war vielleicht kein sehr gelungener Auftritt, aber Corky Carroll kann von sich behaupten, dass er der erste Skater war, der mit einem Skateboard im öffentlichen Fernsehen zu sehen war.

Quelle: Michael Brooke
mit freundlicher Genehmigung von Corky Carroll

aus „The Lost History of Longboarding“

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