Elektroscooter und Elektroskateboards

In knapp zwei Wochen stimmt der Bundesrat über die Zulassung von Elektroscootern ab. Schaut man sich in der deutschen Presselandschaft und den Kommentarspalten zum Thema Elektromobilität um, dann beschleicht einen das Gefühl, es wird über den Bau eines Atomkraftwerkes in jeder deutschen Fußgängerzone diskutiert. Das Verständnis für die Kapriolen des BMVIs ist bei Befürwortern und Gegnern des Entwurfs zur Zulassung von Ekf längst verlorengegangen.

Vorneweg unsere Forderung dessen, was vernünftig wäre:

Gleichstellung mit Fahrrädern.
(Nicht mehr – nicht weniger)

Geschwindigkeitsbegrenzung für Verleihgeräte auf 20 Stundenkilometer.
(In einer fremden Stadt mit 100mm großen PU-Rollen und satten 20 Sachen über Straßenbahngleise oder in ein Schlagloch gefahren?)

Altersgrenze auf 16 Jahre anheben
(Schon einmal einen 12jährigen mit einem Elektroskateboard im Straßenverkehr beobachtet? Wir schon)

Kleine(r) Führerschein/Prüfung
(Ihr mögt lachen, doch fragt mal in eurem Bekanntenkreis, wer einen Führerschein für ein Auto hat – und fragt nach Verkehrsschildern!)

Helmpflicht
(Auf der einen Seite große Kampagne des BMVI, auf der anderen ein Entwurf ohne Helmpflicht)#

ABE vereinfachen
(Stellt euch 250.000 Elektrokleinstfahrzeuge vor, die alle ab 17. Mai Sondermüll sind)

Hier eine kurze Zusammenfassung dessen, was in den letzten Monaten wirklich passiert ist:

Objektiv und ohne imaginäre Knochensplitter von Fußgängern, die auf den Bürgersteigen der Republik von Kleinstelektrofahrzeugen niedergewalzt werden. 2014 beschließt das BMVI eine Studie zur Zulassung von Elektrokleinstfahrzeugen (EKF) in Auftrag zu geben. Durchführendes Organ dieser Studie ist die/das BASt mit Sitz in Flensburg. Ihre Aufgabe: das Testen und Begutachten von EKF verschiedener Hersteller. Nehmen wir es vorweg.

Die Studie war ein Skandal.
Was diese im Endeffekt gekostet hat, werden wir wohl nie erfahren. Die Inhalte wurden nie wirklich öffentlich gemacht. Mit ein wenig Recherche war es natürlich möglich., doch wer macht sich die Mühe und sucht stundenlang. Die Testpersonen waren Angestellte der BASt, die lt. dessen, was man in dem Pamphlet lesen konnte, KEINE Erfahrungen mit EKFs hatten. Nach sage und schreibe 4 Jahren war die Arbeit getan und wurde an das Verkehrsministerium ausgeliefert.

Der erste Entwurf
Ohne Rücksprache mit Fachleuten zu halten, setzte das BMVI dann einen Entwurf auf. Dieser wurde dann im letzten Herbst öffentlich gemacht und sorgte für Entsetzen bei den Herstellern und Nutzern der EKF. Zu kompliziert, zu weit an der Praxis vorbei und im Endeffekt komplett sinnbefreit. Es folgten wilde Proteste, die in einer Demonstration endeten.

Der zweite Entwurf
Zu diesem Zeitpunkt (Dezember) hatte aber das BMVI bereits umentschieden und im Alleingang einen neuen Entwurf auf die Reise gebracht. Das eigentliche Problem. Wieder wurde weder die Industrie befragt, noch die Nutzer. Ein Team von Juristen hatte sich beim BMVI mit dem Thema befaßt und einen Klassiker der Realsatire hervorgebracht. Verkehrsminister Scheuer kann man eigentlich keinen Vorfwurf machen. Sein Ansinnen war es, die Elektromobilität nach vorne zu bringen. Doch am Ende trägt er die Verantwortung für das Versagen seiner Untergebenen, die ebenfalls keinerlei Erfahrungen mit EKFs haben. Es wurde ausschließlich nach juristischen Standpunkten „modelliert“

Die Kritik
Gegner und auch Befürworter zerpflückten diesen Entwurf. Aber was sind die Kritikpunkte?

Fußgängerverbände beschweren sich über das vorgesehene Fahren auf Gehwegen. Sie haben Angst, dass die Gehwege mit Scootern überschwemmt und sie in Unfälle verwickelt werden.

Fahrradfahrerverbände beschweren sich über das vorgesehene Fahren auf Fahrradwegen. Es geht um a) die geringe Geschwindigkeit, die zu Behinderungen führen könnte und b) über den nicht ausreichenden Platz für alle.

Autofahrerverbände beschweren sich über das vorgesehene Fahren auf den Straßen, denn weder die Geschwindigkeit paßt ihnen, noch die Aussicht darauf in Zukunft besser aufpassen zu müssen.

Die Befürworter, zu denen logischerweise auch wir gehören, haben ebenfalls Kritikpunkte. Keine Helmpflicht, kein Führerschein oder Prüfung in Sachen Verkehrsrecht. Durch die komplizierten Verfahrensweisen der Bundesregierung ist eine Zulassung der bereits vorhandenen EKF gar nicht möglich. Dies produziert Elektroschrott. Alles in allem geht die Elektromobilitätsindustrie von 250.000 derzeit im Umlauf befindlichen Scootern, E-boards, Hoverboards etc. aus. Diese wandern alle in den Müll, bzw. sind und bleiben illegal.
Irgendwo an den Grenzen der Vernunft, gibt es dann auch noch die, die eine komplette Freigabe der Geschwindigkeiten wünschen und die, die generell gegen den Einsatz von E-Mobilität sind. Da wird dann noch einmal richtig Öl ins Feuer gegossen. Apropos…

Und die Medien?
Die einen machen sich über das BMVI lustig, andere geben unreflektiert Gerüchte wider oder würzen diese mit Statistiken, die irgendjemand in die Welt gesetzt hat. Immer wieder wird genüsslich der Unfall eines E-Scooters in Spanien, der mit dem Tod einer 90jährigen endete, in die Artikel eingebaut. Und die Schweizer? Die nennen den Entwurf tatsächlich zukunftsweisend. Wir Deutschen wären so fortschrittlich…. Fakt ist: In vielen europäischen Ländern gehört Kleinstelektromobilität zum Alltagsbild. Dieses wird sich auch nicht ändern. Auch hier hämmern die Medien auf die Scooter ein. Ohne Erfolg und leider auch komplett frei von jeglichen Beweisen. Unfälle werden augenscheinlich gefeiert, doch verdammt die sind so selten. Das ist nicht gut für die Auflage….

Der 17. Mai – Der Tag der Entscheidung?
Es ist offensichtlich, dass in dem Entwurf Dinge stehen, die der Opposition zum Fraß vorgeworfen werden sollen. Die Nutzung auf Gehwegen ist und bleibt grenzwertig. Die Altersgrenze von 12 Jahren halten wir für ebenso fragwürdig, wie das Fahren ohne den nötigen Nachweis in Form einer kleinen Prüfung. Dies wird vom Bundesrat am 17. Mai alles bemängelt werden und entsprechend wird die Genehmigung generell nicht bzw. mit Änderungen erteilt. Womit wir uns einerseits in Europa wieder einmal bis auf die Knochen blamieren, andererseits der Schaden von Nutzern ferngehalten wird, die gar keine oder wenig Erfahrung mit diesen Scootern hat. Am Ende wird unter Umständen der erste Entwurf  des BMVI verabschiedet. Mit all seinen fragwürdigen Inhalten. Was Waben wir dann? Zwei zugelassene Roller, produziert von der Autoindustrie. Merkt ihr was?

Der Gehweg wird zur Stolperfalle der Elektroskateboardindustrie
Doch wie kam das BMVI eigentlich darauf das Fahren auf dem Gehweg zu genehmigen? Die Idee war augenscheinlich eine ganz andere: Die Hoverboards sind seit ihrem massenhaften Auftreten vor 2 Jahren immer noch auf den Gehwegen anzutreffen. Auch andere Kleinstelektrofahrzeuge finden sich ab und an. Der Plan des BMVI war zunächst den Entwurf für die Scooter durchzudrücken und dann eine Sondergenehmigung für alle anderen E-Fahrzeuge zu verabschieden. Damit wäre der Weg dann frei für die Kids auf den Hoverboards. Es gibt ländliche Städtchen, in denen das Fahren mit diesen Teilen vielleicht möglich ist, in Großstädten ist es lebensgefährlich. Von daher wäre mit der Ablehnung der Gehwegnutzung nichts verloren. Vielleicht hat Scheuer auch nicht mit einem solchen Gegenwind gerechnet. Doch die Kritiker sind in der Überzahl, werden den Entwurf ablehnen und somit einen unglückseligen Knopf drücken, der wiederum dafür sorgt, dass Elektroskateboards nicht zugelassen werden. Denn Scheuer wird am Ende froh sein, dass zumindestens ein Teil durchgegangen ist. Er wird dann einen weiteren Vorstoß nicht wagen –  bzw. diesen halbherzig – der Wählerstimmen wegen – versuchen.

Die Geschäftemacher
Die Industrie ist nicht klein. In Frankreich wurden im letzten Jahr 230.000 Scooter verkauft. Nach Adam Riese udn einem Durschnittspreis von 500 Euro reden wir von 115.000.000 Euro Umsatz. Derzeit wird massiv ausverkauft. Alles was keine ABE hat wird abverkauft. Also dann alles, denn keiner weiß wirklich ob es möglich ist eine ABE zu erhalten. Das Risiko ist hoch und die Lager voll. Also raus mit dem Kram. Sollen sich doch die Kunden um die Entsorgung kümmern oder aber illegal werden. Der Euro zählt. Der Supergau all dieser Kaufmannsläden und Supermarktketten, wäre wenn die Bundesregierung das ABE Hindernis aufweicht – dann hätte man seine Lagerbestände umsonst verflüssigt.  Aber VORSICHT! Die Schnäppchen sind keine Schnäppchen! Sie sind – Stand heute – Elektroschrott.

Und unser Kernthema Elektroskateboards?
Das Benutzen von Elektroskateboards ist und bleibt illegal. Nachdem das BMVI den geänderten Entwurf vom Bundesrat genehmigt bekommen hat, wird es keinen weiteren Versuch wagen, Elektroskateboards oder verwandte EKFs freizugeben. Denn der Aufschrei in den Medien und der Auto- und Fußgängerlobby wäre riesig. Von Knochenbrechern und Tötungsmaschinen wird die Rede sein, der Gehweg bleibt im Hinterkopf…

Fazit:

Am Ende hat sich das erzkonservative Deutschland durchgesetzt. Es soll alles so bleiben wie es ist. Eine Veränderung der Gesellschaft oder der bestehenden Verkehrstrukturen ist unbequem und nicht gewünscht. Der Lobbyismus ist übermächtig, diesem unseren Land. In den vergangenen Wochen habe ich täglich Elektroscooter bei den Googlenews eingegeben, um die Nachrichten und das Verhalten der Medien zu beleuchten. In den letzten Tagen hat es einfach überhand genommen.

Fragwürdige Zahlen werden genannt, Unfälle beschworen, der Untergang des Abendlandes steht bevor. Selbst die Bildzeitung hat berichtet….

Diskussionen oder Fragen auf Facebook oder im Elektroskateboard Forum sind sinnlos. KEINER was etwas, KEINER kann Aussagen treffen. Alles – auch das hier über das „was ist wenn“ Geschriebene kann nur Mutmaßung sein…

Stand jetzt: Alle die heute mit Elektroscootern, Elektroskateboards, Hooverboards, One-Wheels etc. unterwegs sind, droht eine Strafanzeige. Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz. Steuerhinterziehung, Führerscheinentzug, Konfiszierung etc.

Stand 18.Mai: Alle die nach der Freigabe des Entwurfs mit Elektroscootern, Elektroskateboards, Hooverboards, One-Wheels etc. unterwegs sind, droht eine Strafanzeige. Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz. Steuerhinterziehung, Führerscheinentzug, Konfiszierung etc.

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