Longboarding Down Under – Hüte dich vor dem Wombat!

Die meisten von uns werden nicht in den Genuss kommen, mal eben so nach Australien zu fliegen. Die Flugzeit liegt bei 27 Stunden und die Kosten hierfür sind entsprechend hoch.

Vor 150 Jahren wäre es einfacher gewesen, nach Australien zu kommen. Glaubt ihr nicht? Es hätte gereicht. in einem Supermarkt in London eine Kiste Bier mitgehen zu lassen. Die Briten hatten zu diesem Zeitpunkt nämlich zwei Probleme. Zum einen waren die Gefängnisse überfüllt, zum anderen wollte man die damalige britische Kolonie, die damals noch Neu-Holland hieß, bevölkern. So beschloß die Regierung Strafgefangene nach Australien zu verschiffen, um sie nach der Freilassung anzusiedeln. Australien war auch immer wieder „Nutzniesser“ von Wirtschaftskrisen, denn wenn es den Leuten in Europa schlecht ging, dann waren die Vereinigten Staaten oder eben Australien das gelobte Land. Aus Schottland spülte es die Gebrüder Young, Ende der 50er Jahre an Sidneys Strände. Daraus wurde dann eine der größten Rockbands der Welt: AC/DC. Nicht nur diese Geschichten macht Australien einmalig.

Suchmaschinen spucken auf die Frage nach den tödlichsten Tierarten in der Regel Australien aus. An Land sind es Trichterspinnen, Schlangen und Skorpione – im Wasser Krokodile, „The fucking big white one“ und die wohl für den Menschen gefährlichste Tierart, die Würfelqualle, sind die Lebewesen vor denen mantraartig in Foren und Büchern gewarnt wird. Für uns Longboarder sind natürlich die Tiere wichtig, die eine Gefahr auf der Straße darstellen. Kängeruhs natürlich – aber einer der größten Killer auf dem Land ist der Wombat. Dieses schnucklige, kleine Tierchen ist ein verdammt störrisches, wehrhaftes und stolzes Kind der Natur. Es sieht aus wie etwas, was man am liebsten den ganzen Tag knuddeln möchte. Aber der Anschein täuscht. Wo der Wombat sein Revier erkämpft hat, da weicht er nicht einen Fuß. Dies gilt auch für Straßen. Kommt also ein Auto, Longboarder oder Motorrad, dann bleibt er einfach auf der Straße stehen. Denn die Straße gehört ja ihm. Jetzt werdet ihr sagen: Das machen Igel auch! Aber es gibt einen Unterschied. Die Wombats sind mit 120cm Länge ein wenig größer als Igel und der Aufprall aber auch das Ausweichen kann schlecht ausgehen Und Kuscheln ist auch keine gute Idee. So knuffig die kleinen Racker aussehen, in die Enge getrieben, werden sie versuchen dich umzustoßen. Der Wombat hat hat kein Körperfett – er besteht nur aus Muskeln….

Lustig ist, dass Wombats auf der Flucht in ihre Höhle flüchten und dort mit dem Kopf voran einfach stehen bleiben und mit dem Hintern den Eingang versperren. Aber das führt zu weit.

Unterhält man sich mit Australiern, so hat kaum einer dieser teilweise tödlichen Tierarten gesehen. Überhaupt nimmt man es sehr gelassen mit der Umwelt. Die Gefahren sind bekannt – aber auf das morgendliche Surfen möchte nun doch niemand verzichten.

Und das Longboarden?

Gute Downhillspots findet man an der Great Ocean Road, die in Teilstücken in Serpentinen verläuft oder aber in der Great Dividing Range an der Ostküste. Der höchste Berg ist der Mount Kosciusko mit 2822 Metern, dem die australische Rockband Midnight Oil einen Song gewidment hat.

Older than Kosciuszko
Driven back to Alice Springs
Endless storm and struggle
Marks the spirit of the age
High up in the homelands
Celebration ‚cross the land
Builds up like a cyclone
Now the fires begin to rage

https://youtube.com/watch?v=LQVdBAU_p2w%3Ffeature%3Doembed

Ansonsten ist es in Australien eher flach, trotzdem gibt es auch eine rege Downhillszene. Auf eigene Faust solltet ihr in Australien nicht losziehen. Schon gar nicht ins Outback, dem Binnenland. Es dem Engländer Dave Cornthwaite nachzumachen, dürfte schwierig werden. Dieser rollte mit einem Rolls Rolls Longboard (deutscher Hersteller) von Pearth nach Brisbane, quer durch das Land. 6000 Kilometer standen zum Schluß auf dem imaginären Tacho. Für diese Strecke brauchte er knapp sechs Monate. Er bevorzugte jedoch die eher bewohnteren Gegenden an der Küste. Seine Erlebnisse hat er in einem Buch zusammengefasst.

Der bekannteste Longboard-Skater Australiens ist Stephen Daddow, der an der Gold Coast zuhause ist. Globe ist wohl die in Europa bekannteste Marke, die aus Down Under stammt. Dies sind die Eckdaten. Die Firmenkasse hat nicht dafür gereicht, besagtem „Mann im grauen Anzug“, dem weißen Hai, die Flosse zu schütteln.

Stellvertretend für uns hat Montana den Trip nach Down Under angetreten. Wir trafen die 23jährige vor ein paar Jahren nachts beim Skaten auf der Kurpromenade auf Sylt und der Kontakt ist nie abgerissen.

Cavvanbah: Da, wo sich alle Down Under treffen…

Wir befinden uns in Byron Bay, einem kleinen Ort an der Ostküste Australiens, zwei Stunden südlich der Großstadt Brisbane. Der ursprüngliche Name der Bucht ist Cavvanbah, was in Arakwal, dem Dialekt der Bundjalung Aborigines, die hier vor 1884 heimisch waren, „Treffpunkt“ bedeutet. Heute ist Byron Bay eine friedliche, innovative Hippiegemeinde mit toller Musikszene. Die weite Bucht ist ein beliebter Surfspot mit zuverlässigem Swell, und wenn’s mal keine Wellen gibt, kann man sich die Zeit mit dem Skaten vertreiben. Longboards sind Byrons ultimatives Fortbewegungsmittel! Wer will schon laufen, wenn er skaten kann? Zum Einkaufstrip und Club oder mit dem Surfboard unterm Arm zum Strand: Fast jeder hat ein Brett unter den Füßen und gleitet über die glatten Asphaltstraßen von A nach B. Abends dann treffen sich die Einheimischen und Backpacker, Youngster und Cruiser an der Promenade, um auf dem großen Parkplatz am Hauptstrand den Tag mit einer guten Skate-Session ausklingen zu lassen. Nachdem sich die Herden von Pauschal-Touristen samt ihrer Autos verzogen haben, stehen auf dem L-förmigen Parkplatz nur noch ein paar Surfer-Busse und Backpacker-Autos sowie der silberne, glitzernde Silent Disco Van: The Funmaker. Es gibt Raum genug, sodass jeder entspannt seine Runden dreht (besonders cool, wenn man sich Headphones vom Funmaker holt und zum Beat pusht), seine Tricks übt (Nose Manual ist sehr beliebt) oder einfach nur mit Freunden rumhängt und Bier trinkt.

Klassischerweise gibt es auch immer ein paar Deppen in Flip Flops auf Penny Boards, die sich langmachen und für Lacher sorgen. Oder man kann einen ambitionierten Skater dabei beobachten, wie er einem braungebrannten Beachgirlie Longboardunterricht erteilt, alles begleitet von Kichern und gelegentlichem Kreischen, wenn die Gute ihr Gleichgewicht verliert. Dann gibt es natürlich noch die Jungs (und Mädels), die’s echt drauf haben und die lässig ihre Kreise ziehen und mit harten Slides Spuren auf dem Asphalt hinterlassen. Es gibt also genug zu sehen, wenn man mal kurz eine Pause macht oder einfach nur zum Chillen vorbeigekommen ist.

Landscape und andere Dinge

Ach, und habe ich schon das berauschende Meerespanorama erwähnt? Den Ausblick auf den weißen Leuchtturm, der zur Rechten auf Kap Byron (das Kapitän James Cook 1770 nach dem britischen Entdecker John Byron benannte) erstrahlt und den östlichsten Punkt des australischen Kontinents markiert? Oder wie sich der weiße Strand Belongil/Tyagarah nach links hin, in sanftem Bogen, bis in alle Ewigkeit erstreckt? Ja, so sieht es aus in Byron Bay. Entspannte Location, entspannte Leute, entspanntes Leben. Zur Boardkultur gibt es noch zu sagen, dass eigentlich jeder Stil vertreten ist. Von den schon erwähnten Penny-Board-Fans bis zu Downhill-Planken. Viele Skater fahren symmetrische Dropdecks, die meisten Mädels sind auf stylishen Fishtails unterwegs; gern gesehen ist auch ein selbstgebautes Board, so wie meines, mein allererstes Brett (ich hab’s von einem Skate-Nomaden aus Neuseeland geschenkt bekommen, der hat’s gebaut). Ein weiches, griptapeloses, handbemaltes Stück Holz mit Rollen drunter, das entfernt an den Cruiser von Z-Flex erinnerte und schon ein wenig schrottig war. Aber es hatte Charme und den Vorteil aller Vollholzboards ohne Griptape: Sie sind klasse, wenn man gerne barfuß fährt! Wer will schon seine Füße bei Byrons tropischen Tem-peraturen in geschlossenen Skateschuhen schwitzen lassen? Man sieht also sehr viele Longboarder ohne Schuhe, wie sie an heißen Sommertagen und feuchtwarmen Wintertagen barfuß über den Asphalt pushen, und so ein nacktes Holzdeck ist mit nackten Sohlen super angenehm.

Für diese Fuß-Freiheit nimmt man auch mal einen blutigen Zeh in Kauf

…mit der Zeit härtet dich Australien sowieso gegen alles ab.

Zurück auf dem Parkplatz am Main Beach: Gerade kommt die erste Polizeipatrouille des Abends, schneeweißer Pick-Up mit Hardtop, über den Parkplatz gekreuzt. Rasch verschwinden die Longboards unter den geparkten Autos, die Bierflaschen werden in die Schatten geschoben und die Joints in geballten Fäusten versteckt. Alle tun ganz unschuldig. Alles cool hier.

Nein, wir skaten nicht. Nein, Alkohol trinkt hier auch keiner, Officer!

Die Polizisten gucken ernst durch die extrem verdunkelten Scheiben ihres Fahrzeugs, so als wüssten sie genau, was abgeht. Doch solange alle cool sind (keiner randaliert, keine offensichtlichen Gesetzesverstöße stattfinden, keiner eine Bierflasche in der Hand hält), bleiben auch die Polizisten cool. Das gefährlichste Lebewesen in Byron Bay ist daher nicht der gemeine Bulle, sondern ein sehr viel größeres, reißzähniges, fast jeden Monat mindestens ein Surfer-Leben forderndes Lebewesen: der legendäre Weiße Hai. Im paradiesischen Riff rund um Julian Rocks (eine winzige Felseninsel circa 2,5km von der Küste entfernt) lebt eine Vielzahl von Haien. Neben den harmlosen, lustig aussehenden, Wobbegongs und den Zebrahaien, sind hier Sandleoparden-Haie zuhause – und auch immer ein oder zwei prächtige Weiße Haie. Surfer und Taucher sollten daher immer achtsam sein und verspielte Delphine nicht mit hungrigen Haien verwechseln (ist schon vorgekommen und hat den Ahnungslosen ein Bein gekostet).

Besuch unter dem Auto

Die tödliche Gefahr lauert jedoch nicht nur im Pazifik, sondern auch auf dem sonnenwarmen Asphalt und im weißen Sandstrand, denn die Östliche Braunschlange (bis zu 2,4m Körperlänge) ist in Australien heimisch. Sie schlängelt sich gerne mal, an den nackten Knöcheln der Touristen entlang, auf der Haupteinkaufsstraße Byrons. Oder kriecht im Dünengras, wo du barfuß herumtorkelst…
Die Braunschlange ist die zweitgiftigste Landschlange der Welt, doch glücklicherweise sind Todesfälle, heutzutage, eher selten. Trotzdem, die Begegnung mit einer Braunschlange bringt deine Pumpe ganz schön auf Touren! Ich weiß, wovon ich spreche: Ein goldbraunes Prachtexemplar hatte sich den Schatten unter meinem Ford Kombi als Verdauungsplatz für ihr Mittagessen ausgesucht…

Doch kehren wir zurück auf die abendlichen Straßen Byrons: Sobald der Streifenwagen um die Ecke verschwunden ist, geht’s wieder los: Bretter klappern, Rollen schleifen, Bierflaschen klirren und chillige Tunes mischen sich mit viel Gelächter. Wenn es dann zu dunkel wird und die Straßenbeleuchtung zu spärlich ist, verziehen wir uns in die Strandbars. Oder gehen noch ein letztes Mal für heute im warmen Pazifik schwimmen, um dann salzig und glücklich, in einem Surfer-Bus liegend, wegzupennen. Das Rauschen der Wellen resoniert mit unseren erschöpften Körpern.
Wir träumen von endlosen Asphaltpisten, und das Lachen der Freunde, die wir heute hier in Cavvanbah neu gewonnen haben, klingt in unseren Herzen nach.

Weitere gute Skate-Spots in Byron Shire sind:

Byron Bay’s Arts & Industy Estate (tolle, breite Straßen zum Carven), der Skatepark in Nimbin (super Bowls!) und in der Nebensaison der Parkplatz des Arkawal National Parks (mit Mini-Downhill-Spaß)

Eure Montana

Auf eigene Faust solltet ihr in Australien nicht losziehen. Schon gar nicht ins Outback, dem Binnenland. Es dem Engländer Dave Cornthwaite nachzumachen, das dürfte schwierig werden. Dieser rollte mit einem Rolls Rolls Longboard (deutscher Hersteller) von Perth nach Brisbane, quer durchs Land. 6.000 Kilometerstanden zum Schluss auf seinem imaginären Tacho. Für diese Strecke brauchte er knapp sechs Monate. Er bevorzugte jedoch die eher bewohnteren Gegenden an der Küste. Seine Erlebnisse hat er in seinem Buch „Board Free“ zusammengefasst.

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