Zulassung von Elektrokleinstfahrzeugen: Das Finale

„Vor Gericht und auf hoher See“ so heißt es im Volksmund. Ähnlich würde ich beschreiben, was am Freitag durchsickerte. Am frühen Nachmittag wurde uns der Entwurf eines Referenten zur Zulassung von Elektrokleinstfahrzeugen zugespielt und wir versuchten, diesen zu interpretieren. Das, liebe Leser, ist ohne ein Studium der Rechtswissenschaften beinahe unmöglich. Lesen kann man ihn – und die, die Jura studiert haben, werden ihn verstehen. Einzelne Absätze sind verständlich, andere weit über dem Erträglichen.

Das BMVI rechnet mit bis zu 150.000 Elektroscootern, die sich zukünftig ( voraussichtlich ab Mai) auf den Straßen tummeln dürften. 25 Hersteller werden lt. Entwurf die Möglichkeit haben, Scooter anzumelden. Oder geht das BMVI davon aus, dass es 25 werden? Selbst einem Wortwurstfabrikanten wie mir, fällt das Verstehen schwer. Wer denkt, er kann jetzt einen Container von den Teilen bestellen, um die schnelle Mark zu machen, der wird dann ein Problem haben. Die Felle sind schon längst verteilt.

Wichtige Fakten des Entwurfs
– Ab 12 Jahre mit bis zu 12 Stundenkilometer
– Ab 14 Jahre mit bis zu 20 Stundenkilomter
– Keine Helmpflicht
– Versicherung 60 – 90 Euro je nach Alter
– Lenkstangen vorausgesetzt (keine E-Boards)
– Fußgängerwege dürfen z.T. befahren werden.
– Typenzulassung um 7000 Euro
– Hochgerechnet 120-150tsd Scooter auf den Straßen

Interessant ist, dass davon ausgegangen wird, dass 20% der Fahrzeuge in der Vermietung eingesetzt werden.

In der Praxis sieht die ganze Geschichte so aus.

Frankreich:

Fahrt mit den Teilen und habt Spaß.

Dänemark:

Wir gucken uns das Mal ein Jahr an und entscheiden dann. Viel Spaß.

Spanien:

Habt Spaß!

Deutschland?

Es verordnen

– auf Grund des § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, c, e, h, q , u und w, Nummer 2
Buchstabe b, c, f, s und t, Nummer 3 erster Halbsatz und Buchstabe c und i, Nummer
4a und 17, § 26a Absatz 1 Nummer 1 und 2 und des § 47 Nummer 1, 2, 4 und 7 des
Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003
(BGBl. I S. 310, 919), von denen § 6 Absatz 1 im Satzteil vor Nummer 1, § 26a Absatz
1 Nummer 1 und § 47 Nummer 1, 2, 4 und 7 zuletzt durch Artikel 1 Nummer 5
Und Nummer 6 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Gesetzes vom 28. November
2014 (BGBl. I S. 1802), § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe u und w durch Artikel 1
Nummer 6 Buchstabe c und d Doppelbuchstabe aa und bb des Gesetzes vom 28.
August 2013 (BGBl. I S. 3313), § 6 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b durch Artikel 1
Nummer 2 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Gesetzes vom 03. Mai 2005 (BGBl.
I S. 1221) und § 26a Absatz 1 Nummer 2 zuletzt durch Artikel 1 Nummer 3 des Gesetzes
Vom 19.Juli 2007 (BGBl.I S.1460) geändert worden sind, das Bundesministerium für
Verkehr und digitale Infrastruktur,

Von dieser Art folgen noch 4-5 weitere Absätze bevor es ans Eingemachte geht.

Fahren ohne Führerschein
Alle Jubeln über den Entwurf, schaut man genauer hin, dann ist es gar nicht mehr so großartig. Natürlich finden sich im aktuellen Entwurf einige Dinge, die Anlaß zur Hoffnung geben. Die fehlende Führerscheinpflicht gehört nicht dazu. Ab dem 12. Lebensjahr dürfen Roller bis zu einer Geschwindigkeit von 12 Stundenkilometer im Straßenverkehr genutzt werden. Und ab dem 14. Lebensjahr ohne Führerschein auch bis zu 20 Stundenkilometer. OHNE Fahrerlaubnis wohlgemerkt und ohne Nachweis von Kenntnissen des Straßenverkehrs. D.h. man wird in Zukunft außerhalb geschlossener Ortschaften auf Landstraßen, die keinen Radweg als Nebenstrecke haben, Elektroroller vor sich haben, die mit 20 Stundenkilometern vor sich hinschleichen. Wer schon einmal mit dem Longboard auf einer öffentlichen Straße gerollt ist, der weiß wie es sich anfühlt wenn einen PKWs oder LKWs überholen oder dicht auffahren. Erlaubt oder auch nicht, ein diffuses Gefühl der Unsicherheit bleibt. Kann man dies 14 Jährigen zumuten? Vor allen Dingen die fehlende Helmpflicht halten wir für keine gute Idee!

Erlaubnis von Elektroskateboards
Elektroskskateboards, um die es uns geht, sind von dieser Regelung ausgenommen. Die Rede ist im kompletten Entwurf von Geräten MIT Lenkstange und Typenzulassung. Laut uns vorliegenden Informationen passiert nun folgendes. Herr Scheuer hat oder wird das Gesetz zeitnah unterschreiben. Anschließend greift die Stillhalteklausel der EU. Diese dauert drei Monate an. In diesen drei Monaten wird das BMVI auch die Eingliederung von Fahrzeugen ohne Haltestange/Lenkstange beschließen.

Typenzulassung
Irgendwo in den knapp 50 Seiten findet sich eine Klausel, die vorgibt, welche Art von Rollern erlaubt sind. Sehr detailliert wird aufgeführt, welche Art von Prüfung die Fahrzeuge durchlaufen müssen. Wobei diese sicherlich nicht auf Elektroskateboards zutreffen können. Frontal auf einen drei Zentimeter hohen Bürgerscheig aufzufahren (wohlgemerkt frontal), dürfte schmerzhaft ausgehen. Obwohl es mit einem E-Board und der entsprechenden Bereifung durchaus machbar erscheint.

Was kostet es eine Firma, einen Scooter zuzulassen? Die Anfangsbewertung liegt bei 716 Euro zzgl. 300 Euro Reisekosten (man läßt sich das was kosten beim Amt) Die Dauer der Anfangsbewertung liegt bei 10 (!) Stunden. Die Erteilung einer allgemeinen Betriebserlaubnis liegt bei 665 Euro. Nachträge zur ABE (Also Änderungen am Scooter) liegen bei 360 Euro mit Gutachter oder 179 Euro ohne Gutachter.
Das geht ja, werdet ihr denken. Ja schon, leider muß aber, bevor es zur ABE Zulassung kommt, ein Gutachter beauftragt werden, der erstmalig eine Abnahme des Gerätes macht. Kostenpunkt: ca. 5500 Euro. Wollt ihr also euren Scooter zulassen, legt schon mal 7000 Euro beiseite, besser – kauft einen von einem Importeur oder Hersteller. Da die Gesetzeslage es nicht zulässt, werdet ihr bei den Elektroskateboards nicht anders handeln können. D.h. Eigenbauten lohnen nicht wirklich, wollt ihr denn legal fahren. Wie dies mit Bausätzen wie denen von Mellow oder Jaykay ausschaut, ist fraglich. Wir gehen auch davon aus, dass es leichte Preissteigerungen bei den Boards geben wird. Die „illegalen“ werden dadurch die Straßen überschwemmen. Hier sind wir dann alle gefragt – unterstützt die „sauberen“ Importeure und Hersteller wie Evolve, Egret, Mellow, Jaykay und viele andere.

Ordnungswidrigkeiten

Fahren ohne Helm? unbezahlbar
Fehlen der Plakette 10 Euro
Ohne Betriebserlaubnis 70 Euro
Nicht versichert? 40 Euro
Kein Licht? 20 Euro
Keine Klingel? 15 Euro
Keine Bremsen etc.? 25 Euro
Fahren in Fußgängerzone? 25 Euro
Nebeneinander fahren (!)? 15 Euro

Versicherung

Die Versicherung ist Pflicht. Wie detailliert am Entwurf gearbeitet wurde, erkennt man daran, dass sich das BMVI Gedanken darüber macht, welcher Zeitaufwand nötig ist, um eine Versicherung abzuschließen UND welche Kosten der Volkswirtschaft, dem Versicherungsnehmer und den Versicherern entstehen. Statt einem Schild, reicht ein 15×6 cm großer Aufkleber, der fälschungssicher angebracht wird. Papiere sind immer mitzuführen. Kosten? Es wird von Versicherungskosten von 90 Euro für jüngere Fahrer (bis 23 Jahre) ausgegangen. Ab 23 Jahren werden wohl 60 Euro pro Jahr veranschlagt. Es wird scheinbar schon einkalkuliert, welchen Bockmist da 14 jährige mit einem Scooter bauen, weil sie keine Prüfung absolviert haben, bzw. keinen Führerschein besitzen. Die Versicherer schätzen den zu betreibenden Aufwand für die Ermöglichung der Versicherung auf 12.5 Millionen Euro.

Fazit
Wir finden den ersten Schritt gut. Es gibt noch die ein oder andere Sache, die nicht durchdacht ist, doch wir sind auf dem richtigen Weg. Gespannt warten wir nun die nächsten Wochen ab. Ob und wann  E.Boards zugelassen werden, es bleibt spannend

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